Heizung in Flensburg erneuern? Nicht notwendig!
In Flensburg sind mehr als 90 % aller Haushalte an die Fernwärme aus dem zentralen Kraftwerk der Stadtwerke Flensburg angeschlossen. Da die Wärme dort bis 2035 klimaneutral produziert werden soll, muss sich niemand Gedanken darübermachen, wann er seine Heizung tauschen muss und welche Heiztechnologie er einsetzen möchte. In Flensburg am nördlichen Ende der Republik liegt nach Ansicht vieler Experten die Fernwärmehauptstadt Deutschlands. Hier befindet sich der Fernwärmeausbau nicht am Anfang, sondern ist bereits seit Jahrzehnten nahezu vollendet. Mehr als 90 % aller Haushalte sind an das Fernwärmenetz der Stadtwerke Flensburg angeschlossen und profitieren seit Jahren von den Vorteilen der Fernwärme. Egal in welche konkreten Gesetze der aktuelle Gesetzesentwurf zum Gebäudeenergiegesetz (GEG) der Bundesregierung mündet, ein Heizungstausch wird sich in Flensburg wegen der hohen Fernwärmeabdeckung daraus nicht ergeben.
Karsten Müller-Janßen, Projektleiter Anlagenbau bei den Stadtwerken und damit verantwortlich für die technische Umstellung des Energiesystems zur Klimaneutralität, vergleicht das mit dem Einleitungstext eines aus einem bekannten französischen Comic:
„Wir befinden uns im Jahr 2023. Ganz Deutschland muss sich irgendwann mit dem Tausch der Heizungsanlage beschäftigen… Ganz Deutschland? Nein, Einwohner einer Stadt im hohen Norden, die von einem zentralen Kraftwerk mit Fernwärme beliefert werden, können das gelassen sehen…!“
Dirk Thole, Geschäftsführer der Stadtwerke Flensburg, erklärt: „Bei uns muss keiner seine Heizung auf Basis des GEG tauschen oder erneuern und dafür in Zukunft einige zehntausend Euro investieren. Für alle, die an unsere Fernwärme angeschlossen sind, übernehmen wir das, indem wir die gesamte Fernwärmeversorgung bis zum Jahr 2035 begrünen und CO2-neutral stellen.“
Und wie kam es dazu? Zwei Ereignisse prägten das Jahr 1969: Weltweit war die Landung eines US-Astronauten auf dem Mond ein „großer Schritt für die Menschheit“, in Flensburg folgte zwei Monate später der Startschuss für das „Flensburger Energiekonzept“ mit der Umstellung einer ganzen Stadt auf Fernwärme. Mit großer Fachkenntnis und einer gehörigen Portion Mut stellten sich die Fernwärme-Pioniere der Stadtwerke unter Leitung des technischen Direktors Wolfgang Prinz damals allen technischen Herausforderungen und Widerständen ehe die Versorgung am 18. September 1969 mit einer mobilen Heizzentrale starten konnte. 1970 war Baubeginn für die erste Fernwärmeleitung ab Kraftwerk. Ein Jahr danach ging das erste Kraft-Wärme-Kopplungs-Heizkraftwerk in Betrieb. Bereits vier Jahre später waren 50 % der Flensburger Haushalte an das stetig wachsende Fernwärmenetz angeschlossen. Bis 1978 wurden 70 % abgedeckt, seit 1985 liegt die Versorgungsquote bei über 90 %. Auch mehr als zehn km entfernte Nachbargemeinden wie Glücksburg, Harrislee und das dänische Padborg sind am Fernwärme-Netz angeschlossen und profitieren von den Vorteilen der Fernwärme.
Wolfgang Prinz und seine vielen Kolleginnen und Kollegen, die sich vor 40 Jahren am Reißbrett und mit Schaufel und Spitzhacke an das große Experiment Fernwärme gewagt haben, ist es zu verdanken, dass Flensburg – lange vor dem Aufkommen von Begriffen wie „Klimawandel“ und „Kyoto-Protokoll“ – eine umweltschonende Wärmeversorgung aufbauen konnte, die bis zum Jahr 2035 komplett CO2-neutral Fernwärme für alle Verbraucher produzieren wird, wenn alle technischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen diese zulassen.
Das ist zehn Jahre früher als gesetzlich vorgebeben und die Stadtwerke werden bis Ende dieses Jahres den Transformationsplan zur Klimaneutralität fertig gestellt haben. Dort ist exakt festgeschrieben, wann welche technische Maßnahme zur Klimaneutralität umgesetzt werden soll. Die nächsten Schritte stehen bereits fest: Ende des Jahres wird ein zweiter Elektrodenheizkessel, der mit regenerativem Strom wie ein Tauchsieder Wasser für die Fernwärme erhitzt. Nächstes Jahr soll ein zweiter Wärmespeicher in Betrieb genommen werden. 2026 folgt die erste Großwärmepumpe, die Flensburger Fördewasser und Strom aus erneuerbaren Energien zu Wärme umwandelt.